Ich kann das nicht! – Selbstvertrauen beim Schreiben sanft stärken

Bastian Schröder Bastian Schröder
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Ich kann das nicht! – Selbstvertrauen beim Schreiben sanft stärken

Bild mit KI erstellt (DALL-E)

Was tun, wenn Kinder beim Schreiben entmutigt sind? So stärkst du ihr Selbstvertrauen mit ruhigen Methoden und alltagstauglichen Tipps.

Einleitung: Wenn Schreiben zur Hürde wird

„Ich kann das nicht!“ – ein Satz, der vielen Eltern bekannt vorkommt. Besonders beim Schreibenlernen ist die Frustration oft groß: Buchstaben tanzen auf dem Papier, die Hand tut weh, die Aufgabe wirkt überfordernd. Für Kinder mit besonderen Bedürfnissen wie ADHS, Hochsensibilität, Autismus oder Hochbegabung können diese Herausforderungen noch größer sein.

In diesem Artikel zeige ich dir, wie du das Selbstvertrauen deines Kindes im Schreibprozess sanft stärken kannst – ohne Leistungsdruck, aber mit liebevoller Begleitung. Wir setzen dabei bewusst auf reizarmes, fokussiertes Lernen, das besonders für empfindsame Kinder förderlich ist.


Warum Schreiben so schwerfallen kann

Schreiben ist mehr als das Aneinanderreihen von Buchstaben. Es erfordert:

  • Feinmotorik: Das Halten und Führen des Stifts
  • Konzentration: Aufmerksamkeit über längere Zeit
  • Planung: Was will ich schreiben? Wie fange ich an?
  • Selbststeuerung: Fehler aushalten, weiterprobieren

Für viele Kinder ist das ein Kraftakt – besonders, wenn sie schneller denken als ihre Hand schreiben kann, sich durch äußere Reize ablenken lassen oder eine andere Wahrnehmungsverarbeitung haben. Die Folge: Frust, Blockaden, Rückzug.

Doch gute Nachricht: Selbstvertrauen lässt sich aufbauen. Und zwar in kleinen, achtsamen Schritten.


Was hinter dem „Ich kann das nicht!“ steckt – psychologische Perspektiven

Kinder sagen oft schneller, was sie nicht können, als zu erkennen, was sie bereits geschafft haben. Besonders beim Schreiben begegnet Eltern häufig ein frustriertes „Ich kann das nicht!“ – doch was steckt dahinter?

Selbstgespräche formen das Selbstbild

Kinder entwickeln früh eine innere Stimme – das, was sie über sich selbst denken. Wenn sie häufig hören (oder spüren), dass sie „zu langsam“, „fehlerhaft“ oder „nicht gut genug“ sind, übernehmen sie diese Aussagen als Wahrheit.

Ein kindliches „Ich kann das nicht!“ ist meist keine Tatsachenbeschreibung – sondern ein innerer Schutz.

Fehlerangst ist erlernt – nicht angeboren

Kinder sind von Natur aus experimentierfreudig. Doch durch wiederholte negative Rückmeldungen (z. B. rote Kreuze, genervte Reaktionen) entsteht die Vorstellung: Fehler sind schlimm. Ich darf nichts falsch machen.

Besonders sensible oder hochbegabte Kinder entwickeln daraus schnell Versagensängste oder Perfektionismus. Ein Kind, das sehr genau weiß, wie etwas „richtig“ aussehen soll, aber (noch) nicht umsetzen kann, zieht sich lieber zurück.

Schutzmechanismus erkennen

Hinter einem ablehnenden Satz steckt oft:

  • Angst vor Blamage
  • Überforderung
  • Wunsch nach Kontrolle

Eltern dürfen hier erst einmal validieren, bevor sie motivieren:
„Es wirkt, als wäre das gerade richtig schwer. Magst du erzählen, was dich stört?“


1. Selbstwirksamkeit fördern – kleine Erfolge sichtbar machen

Kinder brauchen das Gefühl: Ich kann etwas bewirken. Gerade beim Schreiben ist das oft schwer zu greifen. Hier helfen konkrete, kleine Aufgaben:

  • Buchstaben im Sand nachfahren, mit dem Finger oder Holzstab – sinnlich und druckfrei
  • Lieblingswörter gestalten, z. B. mit Magnetbuchstaben oder auf kleinen Zetteln
  • Mini-Schreibaufgaben: „Schreib drei Wörter, die du liebst“ oder „Mach eine Geheimnachricht für Papa“

Diese Übungen sind bewusst kurz, klar und reizarm gehalten. Weniger ist mehr – so bleibt die Energie erhalten und das Gefühl „Ich habe das geschafft“ kann sich einstellen.


2. Fehlerfreundlichkeit vorleben – und ermöglichen

Kinder lernen nicht trotz Fehlern, sondern durch Fehler. Leider ist in vielen Heften schnell der rote Stift zur Stelle. Was das auslöst? Angst, Vermeidung, Resignation.

Stattdessen:

  • Fehler gemeinsam entdecken: „Was fällt dir auf, wenn du das noch mal liest?“
  • Alternativen anbieten: „Wie könntest du das sonst schreiben?“
  • Humor nutzen: „Da hat sich ein Buchstabenschlucker eingeschlichen!“

Tipp: Verzichte beim ersten Schreiben auf jede Bewertung. Der Fokus liegt auf dem Mut, es überhaupt zu versuchen.


3. Schreibrituale schaffen – Sicherheit durch Struktur

Besonders Kinder mit autistischen Zügen oder hoher Sensibilität profitieren von klaren, wiederkehrenden Abläufen. Das senkt Stress und erhöht die Schreibbereitschaft.

Beispiel für ein ruhiges Schreibritual:

  1. Fester Platz: ein schlichter, ablenkungsfreier Tisch
  2. Gleicher Ablauf: Kurze Bewegung → Atemübung → Schreiben
  3. Begrenzte Zeit: 5–10 Minuten reichen anfangs völlig aus
  4. Abschlussritual: z. B. gemeinsam vorlesen oder einen Sticker einkleben

Wichtig: Lieber täglich 5 Minuten als einmal pro Woche 45 Minuten mit Frust.


4. Material bewusst wählen – reizarm statt überladen

Viele Materialien sind bunt, blinkend, laut – für sensible Kinder ein echter Reizsturm. Dabei braucht das Gehirn beim Schreiben vor allem eines: Fokus.

Empfohlen werden:

  • klare, ruhige Arbeitsblätter ohne „Bonusbilder“ oder grelle Farben
  • Stifte mit gutem Griff – z. B. Dreikant oder ergonomisch geformt
  • Papier mit Linienhilfe (z. B. Häuschenlineatur oder große Abstände)

Auch digitale Lernapps können helfen – wenn sie ablenkungsfrei gestaltet sind. Wichtig: Das Medium soll das Kind unterstützen, nicht zusätzlich reizen.


5. Lob, das stärkt – nicht vergleicht

Sätze wie „Deine Schwester konnte das schon früher“ oder „Sieh mal, die anderen haben mehr geschrieben“ sind Gift fürs Selbstwertgefühl. Besser:

  • „Du hast heute begonnen, obwohl du keine Lust hattest – das ist stark!“
  • „Deine Idee mit dem Witz am Ende war richtig kreativ.“
  • „Ich sehe, wie sehr du dich konzentriert hast.“

Lob sollte ehrlich, konkret und auf den Prozess bezogen sein – nicht auf das Ergebnis.


So stärkst du die innere Stimme deines Kindes

Ein Kind, das sich beim Schreiben unsicher fühlt, braucht Ermutigung – aber nicht im Sinne von „Du kannst das schon!“ (was es sich selbst oft nicht glaubt), sondern in Form von:

  • 💬 Vorgemachten Selbstgesprächen: „Das war nicht leicht, aber ich probiere es nochmal.“
  • 📘 Mut-Tagebüchern: Täglich ein Satz oder ein Wort, ganz ohne Bewertung
  • 🤲 Zuwendung statt Bewertung: „Ich bin bei dir – ganz egal, wie es läuft.“

Diese Maßnahmen helfen Kindern dabei, langfristig ihre eigene innere Stimme zu verändern: von entmutigend zu ermutigend.


Fazit: Selbstvertrauen wächst langsam – aber sicher

Schreibenlernen ist ein Marathon, kein Sprint. Und jedes Kind geht ihn in seinem Tempo. Mit verständnisvoller Begleitung, passenden Materialien und kleinen Erfolgen kann das Selbstvertrauen deines Kindes Stück für Stück wachsen.

Vergiss nicht: Dein Kind braucht vor allem dich – als ruhige, stärkende Präsenz an seiner Seite.


Weiterführender Impuls

Vielleicht möchtet ihr gemeinsam ein „Mut-Buch“ beginnen: ein kleines Heft, in das dein Kind jeden Tag einen Satz, ein Wort oder ein Bild schreibt. Ganz ohne Bewertung – nur als Zeichen: „Ich kann das. Jeden Tag ein bisschen mehr.“




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